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CIPL: Comité international de paléographie latine/Internationales Komitee der lateinischen Paläographie
ZIELE
Das Comité international de paléographie latine (CIPL / Internationales Komitee der lateinischen Paläographie) hat das Ziel, die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Paläographie zu fördern, mit eingeschlossen das der Kodikologie.
Der Bereich dieser Fachgebiete umfasst:
- Die Erforschung der verschiedenen historischen Schriften, ihrer Entstehung, ihrer Entwicklung, ihrer Verbreitung und ihrer jeweils spezifischen Verwendung.
- Das Lesen und die Begutachtung (Datierung, Lokalisation) alter Schriftdokumente jeglicher Herkunft (Bücher, Archivalien etc.).
- Die Analyse der Schreibstoffe und ihrer Herstellungstechnik.
- Die Erforschung der Überlieferungsgeschichte von Texten in verschiedene Abschriften und der angewendeten Verfahren, die der Lesbarkeit dienen.
- Die Erforschung von Zentren der Abschriftentätigkeit, ihrer Organisation, ihrer Beziehungen untereinander und ihrer Funktion bei der Verbreitung von Texten sowie im intellektuellen Leben.
- Die Erforschung der Handschriftensammlungen, wie sie heute in den Bibliotheken aufbewahrt werden, der Geschichte ihrer Entstehung und Bewahrung.
Diese Programmpunkte betreffen das ganze Verbreitungsgebiet des lateinischen Alphabets, in allen Sprachen, wo es zur Anwendung kommt, während einer zeitlichen Periode von der römischen Antike an bis zur allgemeinen Durchsetzung des Buchdrucks am Ende des 16. Jahrhunderts.
GRÜNDUNG, ORGANISATIONSSTRUKTUR, TÄTIGKEIT
Das CIPL ist 1953 unter dem Namen 'Comité international de paléographie' in Paris gegründet worden. Seinen heute gültigen Namen und seine Statuten erhielt es 1985. Seit 1987 bildet es eine Unterkommission des Comité international des sciences historiques (CISH / Internationales Komitee der Historischen Wissenschaften). Dem CIPL gehören 75 ordentliche sowie eine Reihe zusätzlicher Mitglieder an. Die Mitglieder werden durch Kooptation ernannt, unter Berücksichtigung der Vertretung der verschiedenen Ländern, in denen das Fachgebiet der Paläographie erforscht wird. Die Administration leitet ein Büro von neun Personen, das jeweils alle fünf Jahre neu ernannt wird.
Gegenwärtig sind in CIPL folgende Länder vertreten (Anzahl der Mitglieder in Klammern): Australien (1), Belgien (2), Dänemark (2), Deutschland (5), Finnland (1), Frankreich (9), Grossbritannien (7), Irland (1), Island (1), Israel (1), Italien (7), Kanada (2), Litauen (1), Niederlande (1), Norwegen (1), Österreich (2), Polen (1), Portugal (2), Russland (1), Schweden (2), Schweiz (2), Slowakei (1), Slowenien (1), Spanien (4), Tschechische Republik (2), Ungarn (1), Vatikan (1), Vereinigte Staaten von Amerika (9).
Das Büro setzt sich für die Amtsperiode 2010-2015 folgendermassen zusammen:
- Präsident: Stefano Zampano (Florenz)
- Vizepräsident: Marc Smith (Paris)
- Generalsekretär: Denis Muzerelle (Paris)
- Finanzverantwortlicher: Eef Overgaauw (Berlin)
- Beisitzer: Consuelo Dutschke (New York)
- Beisitzer: Nataša Golob (Ljubljana)
- Beisitzer: Outi Merisalo (Jyväskylä)
- Beisitzer: Beat von Scarpatetti (Basel)
- Beisitzer: Teresa Webber (Oxford)
WISSENSCHAFTLICHE PROGRAMME
Unter der Schirmherrschaft des CIPL wurden in Bibliotheken in zahlreichen europäischen Ländern die Sichtung mittelalterlicher Handschriften vorgenommen, aus denen eindeutige Nachrichten zur Datierung und Herkunft gewonnen werden konnten. Aus diesem Unternehmen resultierten die Publikationen von Katalogen mit Abbildungen, die ein zuverlässiges Corpus bilden, anhand dessen durch Vergleich die riesige Menge von angabenlosen Handschriften durch Vergleich datiert werden können. Das CIPL unterstützt und begleitet seit dreissig Jahren dieses grosse Unternehmen. Ausarbeitung und Publikation der 'Kataloge der datierten Handschriften' (offizielle bibliographische Sigle CMD) übernehmen jeweils nationale Forschergruppen, die mit landeseigenen Forschungsinstitutionen in Verbindung stehen.
Das CIPL unterstützt sowohl die Vereinheitlichung der Terminologie der alten Schriften als auch derjenigen der materiellen Beschreibung alter Schriftzeugnisse, um den Austausch zwischen den verschiedenen Sprachen und die automatische Verarbeitung einer systematischen Dokumentation zu ermöglichen. Die Arbeiten werden jeweils je in einer Sprache vorgenommen und die Schlussergebnisse der verschiedenen sprachlichen Einheiten anschliessend in einem mehrsprachigen Referenzglossar zusammengefasst. In der Kodikologie waren die Bestrebungen erfolgreicher als in der Paläographie. Drei Bände sind publiziert, die das französische, italienische und spanische kodikologische Vokabular abdecken. In Vorbereitung sind die englischen und deutschen Vokabulare.
Das CIPL unterstützt durch seine Patronat die Verbreitung von Publikationen, deren Erscheinen einen entscheidenden wissenschaftlichen Beitrag zur Paläographie und Kodikologie leistet.
WISSENSCHAFTLICHE VERANSTALTUNGEN
Das CIPL organisiert im Rhythmus von zwei Veranstaltungen im Zeitraum von fünf Jahren Kolloquien, die Colloques internationaux de paléographie latine. Die bisherigen Veranstaltungen:
I. Paris, 1953/1955; II. Paris, 1966, III. Rom, 1972; IV. Wien, 1975; V. St. Gallen, Bern, Genf, 1979; VI. München, 1981; VII. London, 1985; VIII. Madrid, 1987; IX. Vatikanstadt, 1990; X. Erice (Sizilien), 1993; XI. Brüssel, 1995; XII. Cluny (Frankreich), 1998; XIII. Weingarten (Württemberg), 2000; XIV. Enghien-les Bains (Frankreich), 2003; XV. Wien, 2005; XVI. London, 2008; XVII. Ljubljana, 2010.